Wer träumt nicht davon, in Südfrankreich ein Häuschen zu besitzen und dort zu leben? Ich auf jeden Fall !
In Vancouver regnet es gefühlt 80% des Jahres. Also habe ich schon als Teenager beschlossen, nach Europa zu ziehen. Da mir Hamburg so gut gefallen hat, bin ich vor 12 Jahren dort gelandet. Da hätte ich besser mal vorher die Wetterdaten gecheckt. Grauer Himmel, Regen und vor allem eine steife Brise gehören zu Hamburg leider dazu. Und da mein liebster Schwabe auch sonnenhungrig ist, haben wir uns vor ein paar Monaten nach Nizza aufgemacht und sind mit dem Auto von Stadt zu Stadt gefahren, um zu schauen, wo wir uns gerne niederlassen würden, sobald es die Finanzen zulassen.
Start der Reise in Nizza
Der Sonnenuntergang in Nizza nach der Ankunft war schon mal ein guter Start. Wir standen an der Promenade des Anglais (der große Strand von Nizza) und schauten verträumt auf das Wasser.
Mein liebster Schwabe sagt, dass man die Kieselsteine knirschen hört, wenn man den Kopf unter Wasser hat. Dazu hat das Wasser ein schönes, helles Türkis. Danach sind wir in die Altstadt gepilgert und haben uns in einem kleinen Restaurant ein politisch völlig unkorrektes Foie Gras mit Apfel geteilt.
Wir waren einfach neugierig, wie das schmeckt. Denn wer die Dinge nicht probiert, kann auch nicht darüber reden. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, es schmeckt unglaublich gut. Bitte kreuzigt mich nicht! Aber wenn etwas sensationell gut schmeckt kann man das auch so sagen. Ich habe seitdem kein Foie Gras mehr gegessen, weil ich die Praktiken, wie die Gänse gestopft werden auch nicht gut finde. Aber dieses Gericht in Nizza werde ich nicht vergessen!
Weiterreise nach Aix-en-Provence
Am nächsten Tag wollten wir die Côte d’Azur abfahren und einen kleinen Abstecher ins Hinterland machen. Das war vielleicht enttäuschend. In den Hügeln hinter Nizza liegt wirklich der Hund begraben. Kaum Dörfer und alles sehr traurig anzuschauen. Zumindest da wo wir langgefahren sind. Also sind wir wieder Richtung Wasser gefahren und landeten am Spätnachmittag in Cannes. Schlimmer geht’s nicht. Betonbunker verschandeln die Promenade und hässliche Neubauten in der Innenstadt geben der Stadt den Rest. Außerdem zieht sich eine vierspurige Straße mitten durch die Stadt. Wahnsinn! Und dann noch das Publikum! Die Geissens sind nette Leute dagegen. Und bezahlbar ist hier schon gar nichts. Wir waren so enttäuscht und hatten Angst davor, uns hier eine schöne Übernachtungsgelegenheit suchen zu müssen. Denn wir hatten keinen Plan gemacht und wollten uns auf das Glück verlassen, dort wo es schön ist eine Bleibe über AirBnB zu finden. Mein liebster Schwabe wurde richtig depressiv. Also habe ich im Internet nach AirBnB-Angeboten in Aix-en-Provence gesucht. Und ich habe tatsächlich ein Guest-House dort gefunden, das noch ein Zimmer frei hatte, weil ein anderer Gast abgesagt hatte. Also sind wir aus Cannes schnell geflüchtet und 1,5 Stunden nach Aix gefahren. Auf der Fahrt dorthin war es still im Auto, weil wir skeptisch waren, ob es der Stadt in der Süd-Provence gelingt, unseren schlechten Eindruck von Cannes auszugleichen. Wir waren aufgrund der vielen Erzählungen über Südfrankreich so voller Hoffnung gestartet, dass wir nicht mit so einem nieder- schmetternden Ergebnis gerechnet hatten.
Das ging auch recht flott und dann sind wir zu Fuß mit unseren Koffern über das Kopfsteinplaster holpernd zurück marschiert.
Am späten Abend fuhren wir in die Innenstadt von Aix hinein. Unser Wirt Luc hatte uns telefonisch mitten in die Altstadt geleitet. Am Place Mirabeau und dem Place Cardeurs links rein sollte das Guest-House sein. Ganz in der Nähe des Thermalbades. Doch zuerst mussten wir noch ins nächste Parkhaus, denn die Innenstadt hat keine Parkplätze.
Als sich die Tür zum L’Epicerie Guest-House (gibt es mittlerweile leider nicht mehr) öffnete wussten wir sofort, wir haben das Paradies gefunden. Ein schönes, altes Stadthaus, das früher ein Gemischtwarenladen war, in der jetzt eine große Küche mit Esszimmer gleich am Eingang jeden Gast begrüßt. Von dort geht es zu einer Terrasse mit alten Gartengerätschaften als Dekoration und Blick auf den verwilderten Garten, der wie ein verwunschener, romantisch zugewachsener Märchengarten aussieht.
Und die Zimmer im ersten Stock sind nach unterschiedlichen Themen eingerichtet. Individuell und sehr liebevoll. Wer dafür verantwortlich ist, erfuhren wir am nächsten Morgen beim Frühstück auf der Terrasse. Luc und sein Mann Laurent führen das Haus in zweiter Generation. Beide waren früher verheiratet und haben Kinder aus der Ehe, bevor sie sich für die andere Seite entschieden hatten. Sie waren also „verzaubert“, wie es so schön heißt. Und damit passten sie perfekt zu dem zauberhaften Haus.
Nach dem Frühstück am Samstagmorgen sind wir dann auf den Marktplatz spaziert. Und zwar auf dem Place Richelme mit dem Wochenend-Markt, denn in Aix gibt es drei große Marktplätze und viele kleine versteckte Plätze. Das Angebot des Marktes war unglaublich. Das Gemüse dort hat andere Dimensionen als bei uns und die Auswahl an Fisch und Käse ist phantastisch.
Am Tag davor hatten wir schon auf einem kleinen Markt in Nizza Barrakudas gesehen.
Barrakuda auf dem Markt in NizzaDer Markt in Aix-en-Provence ist ein Erlebnis
Doch dieser Markt, von dem der Schriftsteller Luke Barr 1970 schrieb, er schlägt alle anderen Märkte, ist schon allein einen Trip nach Südfrankreich Wert. Weil wir nicht genug von dem bunten Treiben bekommen konnten, haben wir uns dann mittags auf ein, zwei, drei Gläschen kühlen Rosé in ein Bistro am Rand gesetzt. Als dann am frühen Nachmittag die Putzkolonne kam und die Reste des Marktes mit langen Wasserschläuchen weg spritzte, waren wir auch gut „weg gespritzt“. Mein liebster Schwabe muss in diesem Zustand immer alle möglich Leute anrufen und ihnen erzählen, wie gut es ihm gerade geht und wie lieb er alle hat. Peinlich!
In den folgenden Tagen sind wir immer wieder in dieses Bistro gegangen, um einen Rosé zu trinken. Entweder um den Tag dort zu beginnen, oder zu beenden. Bei einem Shopping-Ausflug haben wir uns auch wunderschöne Kaffeetassen gekauft, die uns jeden Morgen an die Provence erinnern. Aber wir sind ja auch noch durch die Gegend fahren, um das Traumdorf mit dem Traumhaus zu finden. Das ist nicht schwer dort. Die Landschaft ist lieblich und jedes Dorf hat seinen kleinen Platz, auf dem man verträumt sitzen kann. Leider sind die Preise rund um Aix-en-Provence unbezahlbar für normal Sterbliche. Und vielleicht ist auch der Weg das Ziel, denn schon die Suche ist ein wunderschönes Erlebnis. Wir werden also nächstes Mal weiter in den Norden fahren. Dort ist es auch nicht billig, aber vielleicht haben wir ja Glück und finden etwas Passendes. Auf jeden Fall bekommen wir Nahrung für unsere Träume. Und den Markt von Aix und unser verzaubertes Guest-House werden wir in jedem Fall wieder besuchen. Davon zu träumen reicht nicht mehr.
sehr schöner Bericht und liebevoll geschrieben. Man möchte sofort aufbrechen. Wir waren 2014 in Apulien. Vom Sporn des Stiefels bis zum Hacken. Kulinarisch sehr schön. Für meinen Magen brauchte ich keine Tabletten einnehmen, so verträglich war das Essen. Daher liebe ich die italienische Küche und koche diese selbst sehr gern.